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Stadtarchiv Bergheim

Archivrecherche und Familie Schnog

Familie Schnog lebte schon um 1800 im Rheinland und war vor allem im Handelsgewerbe beschäftigt. Während des Nationalsozialismus wurden die Mitglieder der jüdischen Familie verfolgt, vertrieben, deportiert und ermordet. Heute leben Familienmitglieder unter anderem in den USA und in Israel.

Die jüdische Familie Schnog

Die Familie Schnog stammt ursprünglich aus Disternich bei Euskirchen. Der Name Schnog kommt nicht häufig vor, das erste Mal taucht er nach 1800 in Erp und Euskirchen auf. Der Urahn und älteste aus der Familie, der bekannt ist, ist Nathan Schnog, welcher 1725 geboren wurde und 1802 gestorben ist. Er hatte einen Sohn namens Susmann Schnog, dieser lebte von 1755 bis 1804. Sein Sohn Martin Schnog wurde 1787 geboren und starb 1858. Er war Händler. Sein Sohn Levy Schnog (1834-1908) war ebenfalls als Händler tätig.

Der Uropa der von unserem Projektkurs interviewten Nancy Schnog, Arnold, wurde am 6. April 1871 in Bergheim geboren – ein 2018 in der Lorenzstraße 5 verlegter Stolperstein in Köln-Deutz erinnert an diesen Zweig der Familie. Der Schneidermeister war mit Friederika Salomon verheiratet und floh mit der gemeinsamen Tochter Selma Ende der 1930er Jahre nach Amsterdam. Dort starb Arnold Schnog am 28. Mai 1943 angesichts der bevorstehenden Deportation in das Sammellager Westerbork an einem Herzinfarkt - seine Frau und seine Tochter kamen von dort aus in das polnische Vernichtungslager Sobibor und wurden dort kurz nach ihrer Ankunft ermordet. Arnolds Sohn Ludwig, der Großvater von Nancy Schnog, wurde am 18. April 1903 geboren. Er konnte dem Holocaust entkommen und ist 1940 mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern, den damals neunjährigen Zwillingen Alfred und Norbert, in die USA geflohen. Ludwig Schnog starb dort 1988. Seine Söhne, die Zwillinge Alfred und Norbert, sind beide 1931 geboren. Nancys Vater Alfred starb 2018, sein Bruder Norbert 1985.

Nancy Schnog, eines der beiden Kinder von Alfred, lebt heute in Maine, in einer Kleinstadt namens Edgecomb, USA.

Autor: Max Hartung

Fallbeispiel Alfred Schnog

Ausschnitt aus einem Interview mit Nancy Schnog, seiner Tochter

Aufgewachsen in Deutschland, erlebte Alfred Schnog, Jahrgang 1931, als Junge den Antisemitismus während der Zeit des Nationalsozialismus. Er wurde beschimpft und mit Steinen beworfen. Von seiner Tochter Nancy Schnog wird er als sehr athletisch beschrieben, aber in der NS-Zeit wurde es Juden untersagt an sportlichen Aktivitäten teilzuhaben. Als er seiner persönlichen Hölle Deutschland entkam und mit seinen Eltern und seinem Zwillingsbruder Norbert in die USA floh, konnte er sich endlich wieder ein Spaß haben. Wie Nancy schilderte, konnte er zusammen mit "den Jungs" frei von Diskriminierung Schwimmen, Tennis spielen, sich sportlich austoben und endlich wieder ein Kind sein.

Sein Verhältnis zu Deutschland blieb schlecht, er war überzeugt davon: "Wenn es den Holocaust gibt, dann gibt es auch keinen Gott." Er weigerte sich vehement, deutsch zu sprechen und lehnte ab, dass seine Enkelin, Nancys Tochter, die inzwischen in Israel lebt, die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hat. Aber als er von einer Schülerin der alten Schule seines Vaters Ludwig (das Realgymnasium Deutz – das heutige Gymnasium Schaurtestraße) einen Brief erhielt, machte er sich auf die Suche nach seinen Wurzeln in Köln und Bergheim.

Bei seinem Besuch in Bergheim musste Nancys Vater feststellen, dass der jüdische Friedhof abgesperrt ist, und kletterte trotz seines hohen Alters über die Mauer. Dabei lernte er den Torwächter kennen und freundete sich mit ihm an. Der Besuch in Deutschland und der Kontakt halfen ihm, das Trauma des Holocaust zu überwinden und seinen Frieden mit dem Land seiner Vorfahren zu machen. Es sei eine unglaubliche Erfahrung für ihren Vater gewesen, berichtete Nancy. Sie selbst hat Bergheim im Juli 2022 besucht und war auch in Deutz an den Stolpersteinen in der Lorenzstr. 5, die dort für ihre ermordeten Urgroßeltern Arnold und Friederika sowie deren Tochter Selma verlegt worden waren. Arnold Schnog, von Beruf Schneidermeister, war mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern Selma und Ludwig von dort aus Ende der 1930er Jahre nach Amsterdam geflohen, wo der gebürtige Bergheimer nach Aussage seines Sohnes Ludwig angesichts der bevorstehenden Deportation in das niederländische Lager Westerbork 1943 einen Herzinfarkt erlitt und starb. Friederika und Selma wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft im polnischen Vernichtungslager Sobibor ermordet. Die Emigration in die USA rettete Ludwig Schnog, seiner Ehefrau und den damals neunjährigen Zwillingen Alfred und Norbert das Leben.

Ein Zeitzeugeninterview mit Alfred Schnog finden Sie unter 

Autor: Phamie Thongpout

Archivarbeit

Inwiefern kann das Archiv meine historische Arbeit voranbringen, welche neuen Fähigkeiten habe ich erlernt?

Archivarbeit! Wohl eine der meist unterschätzten Arbeiten der … Keine Ahnung Weltgeschichte? Man geht ins Archiv, man guckt sich alte Dokumente an und geht wieder nach Hause! Moment mal, du hast keine Ahnung, wie das im Archiv läuft, oder? Echt nicht? Wow, und sie sagen, wenn man nichts erwartet, kann man nicht enttäuscht werden. Ok, lasst es mich erklären.

Die Arbeit im Archiv ist härter als gedacht. Wenn man morgens ankommt, muss man erstmal alles überprüfen: Haben Feuchtigkeit oder Papierfische die Akte nicht zerstört? Danach nimmt man ein Schriftstück und fängt an, es zu lesen. Das ist aber nicht einfach. Jetzt mal ernsthaft, einige der Akten zerbröseln in der Hand und die alte Schrift ist schrecklich! Aber man ist ja lernfähig und erfährt zum Beispiel, wie man diese Schrift liest oder wie man mit den Akten umgeht. Sorgfältig mit unwiederbringlichen Dokumenten umzugehen ist vielleicht auch wichtig, wenn man später mal Kinder hat.

Das Ding an der Archivarbeit ist, dass es direkte Quellen sind. Das heißt aus der Zeit von den Leuten selbst, nicht über Zweite oder Dritte. Das ist in der historischen Arbeit sehr wichtig. Noch eine neue Fähigkeit, die ich erlernt habe, ist es, alte Akten vorsichtig aus dem Magazin zu holen und nach der Sichtung wieder an Ort und Stelle zu räumen. Der Vorteil an der Archivarbeit ist, dass die Räumlichkeiten immer klimatisiert sind.

Die Arbeit ist aber auch immer interessant. Bei der Digitalisierung der Personenstandsregister erfährt man, welche Kindernamen damals modern oder welche Personen Bürgermeister waren. Zum Beispiel verlor der Bergheimer Bürgermeister Franz Anton von Frens seinen Adelstitel unter der Herrschaft der Franzosen. Danach war er nur noch Franz Anton Frens!

Ich denke, dass Archivarbeit wirklich hart, aber unverzichtbar für die historische Forschung ist.

Autor: Tobias Hohn

Karl Schnog – Schriftsteller und Pazifist mit Bergheimer Wurzeln

„Ganz Deutschland ist ein Scheiterhaufen“

Als Literat, der dem Kommunismus zugetan war, und als Mensch mit jüdischen Hintergrund war Karl Schnog im NS-Regime besonders gefährdet. Nach seiner Enteignung in Deutschland ging er 1933 ins Exil nach Luxemburg. Versuche in die USA zu fliehen scheiterten an den Behörden. Als Luxemburg 1940 von Nazideutschland besetzt wurde, wurde Karl Schnog dort verhaftet und deportiert. Er überlebte die Konzentrationslager Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald und lebte nach seiner Befreiung in der DDR. Dort erhielt er 1957 als einer der Ersten den ostdeutschen Heinrich-Heine-Preis.
Karl Schnog wurde 1897 als Sohn des gebürtigen Bergheimers Martin Max Schnog und Caroline Jacobi in Köln geboren. 1915 schloss er seine kaufmännische Lehre ab und kämpfte anschließend im Ersten Weltkrieg. Nach Kriegsende nahm er Schauspielunterricht und war als Schauspieler und Regisseur an Theatern aktiv. Außerdem schrieb er Gedichte. Darin verarbeitete er unter anderem seine Erfahrungen an der Front. Über die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Zuge der Bücherverbrennungen 1933 schrieb er:

Das ganze Deutschland ist ein Scheiterhaufen.
Der Qualm wallt auf. Die große Nacht brach an.

Die Zeit im Konzentrationslager klingt unter anderem im Gedicht „Der Steinbruch“ an, das 1944 in Buchenwald entstand (Auszug aus Karl Schnogs „1933“, abgedruckt in „Jedem das Seine“).

Eine Landschaft wie am Schöpfungstage:

Sand und Steine, Büsche. Und sonst nichts.
Graue Gräser, Schreie wilder Klage.
Ort des Grauens, Tal des Weltgerichts.

Müde Füße, abgewetzte Treppen.
Alles jagt und hastet, keucht und rennt.
Schleppen – Schleppen – Schleppen – Schleppen
Und erbarmungslos die Sonne brennt.

Schläge klatschen, Menschen fallen nieder.
Wolken Staubes und dazwischen Blut.
Fallen, Tragen, immer, immer wieder.
Schmerzensschreie, Schreie wilder Wut.

Doch der Tag der Freiheit kommt für jeden.
Kamerad im Steinbruch bist noch Knecht.
Einmal werden Steine für dich reden.
Wird der Steinbruch einst an dir gerächt?

Kritik an den Deutschen, die weggesehen hatten und die Gräueltaten in den Lagern ignoriert hatten, äußert sich in folgenden Zeilen zu den durch die Alliierten erzwungenen Begehung des KZ Buchenwald durch Weimarer Bürger:

Ihr habt nichts davon erfahren
in den qualerfüllten Jahren
da man uns gejagt, gehetzt?
Ratlos steht ihr, tiefbeklommen.
Ihr habt nichts davon vernommen,
bis zuletzt.


Autorin: Lena Delbach

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Bildnachweise

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